ATTERGAU - BUCH 3
ROMANA HANDLECHNER
HEDI HUBER
MICHAEL GRABNER
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ROMANA HANDLECHNER
Die Geschichte Romanas hatte einen traurigen Beginn.
Ihre Mutter verstarb im Alter von 27 Jahren an Lungentuberkulose, damals war Romana
gerade dreieinhalb Jahre alt. Ihr Vater Georg Meinhart betrieb beruflich die Mühle im Weidach,
sein Bruder führte daneben das Sägewerk.
Die Mühle war im heutigen Wohnhaus der Familie Meinhart-Rosenkranz untergebracht, die andere
Hälfte des Hauses diente als Wohnung für den Bruder Josef.
Das alte Meinhart-Haus im Weidach
Romana wurde Hauptsächlich von ihrer Großmutter, Fanni Großpointner, aufgezogen.
Diese führte das Gasthaus gegenüber der Kirche, den heutigen Kirchenwirt (davor Wallisch),
das damals noch Großpointner hieß. Die Großmutter war eine geborene Meergraf und hatte
insgesamt sieben Kinder, von denen neben Romanas Mutter noch andere jung an Tuberkulose
starben.
Fanni Großpointner
Fanni Großpointner wurde von der Theatergruppe "Gmoa Rumpelhausen", die keine richtige
Unterkunft zum Spielen hatte, gebeten, dass sie doch in ihrem Wirtshaus einen Saal zum
Theaterspielen bauen möge.
Die Theaterakteure wollten dafür im Gegenzug viele Aufführungen machen, wollten Feste feiern
und Tanzabende veranstalten, um Geld herein zu bringen. Was sie auch in die Tat umstezten,
nachdem die Wirtin ihren Wunsch erfüllt hatte.
So konnte Fanni die Ausgaben, die der Umbau verursacht hatte, rasch wieder einwirtschaften.
ganz links im Bild das Haus Meinhart (wo Kinder stehen) mit dem Garten davor
Der Vater Romanas, Georg Meinhart, heiratete ungefähr ein Jahr nach dem Tod der ersten Frau
eine geborene Hofinger, von Beruf Modistin. Diese hatte im Meinhart-Haus (später Mayr Schuster,
Einfahrt Bahnhofstraße) ein Geschäft und führte dieses weiter. Hüte, Hauben und Kappen und
ähnliches wurde dort hergestellt und verkauft.
Da Romana bei der Großmutter sehr gut aufgehoben war, ließ man sie jedoch weiterhin dort
aufwachsen. So verbrachte Romana den größten Teil ihrer Jugend im Großpointner-Haus und
war nur selten bei der Stiefmutter.
Als Romana größer war, schickte sie die Stiefmutter einmal zu Anna Vogl nach Kogl, um Äpfel
zu kaufen. Häberäpfel sollte sie für sich selbst holen, die kleinen, rot gestreiften, um 10 Groschen.
Anna Vogl-Haus, Aquarell
Und für die Stiefmutter sollte sie die weissen Kornäpfel um 20 Groschen mit nehmen. Als Romana
oben in Kogl im Haus der Frau Vogl angelangt war, sah sie auf Tabletts köstlich aussehende
Kirschen bereitstehen. Sie schielte nach den herrlichen Kirschen, die dort lagen, und seuftzte:
"So scheene Kersch!"
Darauf Frau Vogl: "Jå, Derndl, i gabat da jo wölche, di san oba olle scho bestööt fir Attasee, fir`s
Hotö."
Anna Vogl war unsere Heimatdichterin, Lieder wie das Attergaulied entstammen ihrer Feder. Sie
arbeitete viel mit Pfarrer Blasl zusammen, der in St.Georgen seine Pfarre hatte.
Auf ihrem Hof oben am Koglberg wurde bis in die 60er Jahre Obst, Gemüse und Geflügel verkauft.
Das Anna Vogl-Haus steht heute noch, ist aber teilweise schon eingestürzt und verkommt zusehends.
Romanas Großmutter starb im Jahr 1946 und zunächst wurde erwogen, den Gasthof zu verkaufen
und das Geld unter den vielen Geschwistern aufzuteilen. Schließlich übernahm aber Tochter Karoline
den Betrieb.
Den Namen Wallisch erhielt das Gasthaus, weil sich Karoline in einen Autobahn Bau-
arbeiter verschaut hatte. Als der Bau der Westautobahn vor dem Zweiten Weltkrieg unter Hitler
begonnen wurde, kamen so manche "Baraber" (ungelernte Bauarbeiter) in den Ort. Diese Leute
wohnten zumeist im Gasthof zur Post. Sie hatten keinen guten Ruf. Wenn die Bauarbeiter am
Wochenende ihren Lohn ins Wirtshaus trugen, kam es öfter zu Raufereien oder Krawallen, und
so manche der Streitereien zwischen Arbeitern endete mit Messerstichen.
Theatergruppe Gmoa Rumpelhausen mit Karoline, im Dirndlkleid, links vorne im Bild
Diese Männer waren besonders bei den Eltern der Mädchen im heiratsfähigen Alter unbeliebt, so auch
bei Fanni Großpointner.
Doch Karoline war bereits von dem Arbeiter Wallisch schwanger, so musste
geheiratet werden.
Als Karoline den Gasthof übernahm, ging also der Name Wallisch auf diesen über.
Nachdem in den vergangenen Jahren die Wallisch als Inhaber des Gasthofes alle verstarben, änderte
sich das neuerlich. Heute ist Fredi Kiefer der Besitzer und "Kirchenwirt".
Romana berichtete auch vom harten Los der evangelischen Bevölkerung in der damaligen Zeit. Sie
wurden von den übrigen Bewohnern St. Georgens keineswegs geschätzt, ganz im Gegenteil.
Die Protestanten zogen vom Salzburgischen hierher in den Attergau. Einige der Familien wohnten
oben am Lichtenberg, wo sie unter schwierigsten Bedingungen ihre Häuser errichtet hatten.
Mühsam mussten die Materialien über einen kleinen, steilen, unwegsamen Pfad hinauftransportiert
werden. Darum bauten sie in der Folge eine Materialseilbahn. Manchmal fuhren sie jedoch auch
selbst mit der Seilbahn, was eigentlich wegen der Gefährlichkeit streng verboten war. Mehrfach war
zu hören, dass wieder ein Bewohner vom Lichtenberg dabei tödlich verunglückte.
Wir kennen den Lichtenberg selbst heute noch als etwas schwer zugänglich, dabei gibt es jetzt eine
schöne Straße hinauf, man muss ganz hinauf gelangen, wo ein Plateau lag, erst ganz oben konnten sie
ihre Häuser bauen und da auch leben.
Zur Kirche nach Attersee mussten die Leute etliche Kilometer zu Fuß in Kauf nehmen, es fuhren weder
Bahn noch Bus.
Evangelische, vormals katholische Kirche in Attersee.
Ich selbst kam als Kind noch in den Genuss, als Evangelische am Karfreitag, von Thalham nach
Attersee und wieder zurück zu laufen, was viel weniger weit ist, aber eine große Anstrengung bedeutete.
Die evangelischen Mädchen durften auch nicht wie die anderen in die Privatmädchenschule der
Ordensschwestern gehen, sondern mussten zu den Buben in die Knabenvolksschule. Dieses System
änderte sich erst 1938, 46 Jahre lang hatten die Mädchen also dieses "evangelische Makel" zu
tragen.
Knabenvolksschule mit einem evangelischen Mädchen, Grete Buchstätter, mit Tafel in Händen.
Aus ihrer Schulzeit erzählt Romana, dass eine Mutter einmal mit einem Arm voller Eier zu einer Schul-
schwester kam, da die Tochter so schlecht lesen konnte.
Der Vater einer anderen Schülerin würde in den großen Ferien ganz fest lesen üben, damit sie nach dem
Unterricht wieder mitkäme. Es war keine Seltenheit, dass die Schulschwestern in Naturalien statt mit
Geld bezahlt wurden, herrschte doch vor dem Zweiten Weltkrieg auch hier Lebensmittelknappheit und
große Arbeitslosigkeit.
Im Sommer gingen Romana und die Kinder, mit denen sie immer beisammen war, nach Attersee zum
Baden. Sie liefen einfach den Schienen der Lokalbahn nach, Richtung Attersee.
Ab der Ortschaft Neuhofen, kurz oberhalb von Attersee, rannten sie dann abwärts zum See und zum
Häuplplatz hinunter. Allerdings mussten sie den alten Häupl fragen, der schon heraussen wartete, ob
sie da auch baden dürften.
Er wollte dann wissen : "Von wo sats denn?", worauf einmal Romana antwortete. Darauf begann der
alte Häupl zu schreien: "Wenns net åghaust hättn beim Müna, hätts söba so an Bådeplatz!"
"Der åghauste Müna" war der Bruder Romanas Vater, dem das Sägewerk gehörte.
Badeplatz am Attersee, müsste neben dem heutigen Yachtclub sein...
Romana regte sich wegen dem Geschimpfe damals sehr auf und wollte beim nächsten Mal nicht mehr
antworten, das sollten andere Kinder tun.
Romana kannte auch den jungen Herrn Ricek, mit dem wohl fast alle zu tun hatten, die in der Zeit
zwischen 1940 und 1960 die Schulen unserer Gemeinde besuchten. Er war Lehrer, Wissenschaftler,
Maler, hat Bücher geschrieben.
Eine Zeit lang bewohnte dieser Lehrer im oberen Markt, der heutigen Römerstraße, ein Zimmer des
Watzinger Hauses (damals Sagerer), also war ein direkter Nachbar von Romana.
Herr Ricek war schroff in seiner Art und ein exzentrischer Mensch, er forderte jedem großen Respekt ab.
Gerne hätte Ricek die noch unverheiratete Josefa Sagerer geheiratet, sie wählte aber Lehrer Franz
Watzinger, der später auch Bürgermeister von St. Georgen war.
Ricek unternahm dann später, noch während der Zeit in diesem Hause, mit einigen Damen Spazier-
gänge, bei denen er aufmerksam von der Nachbarschaft beobachtet wurde.
Man konnte ihn manchmal mit weiblicher Begleitung ins Grüne gehen sehen, rechts an der Kirche
vorbei (heute Johann Beer Straße), wo damals kaum Häuser standen. Er malte auch Bilder in jenem
kleinen Zimmer und arbeitete bereits an seinen wissenschaftlichen Forschungen, die er sein Leben
lang weiter verfolgte.
Einige seiner Gemälde verschenkte er an Damen, besonders beliebt waren bei diesen die einmalig zart
gemalten Blumenbildchen in Aquarell.
Große gesundheitliche Probleme mit der Niere plagten Herrn Ricek schon früh.
Mehrmals musste er sich deswegen im Krankenhaus Operationen unterziehen. Einige Male Male
wurden ihm Nierensteine entfernt, die jedoch immer wiederkamen. Dass ihm seine Nieren unglaublich
zu schaffen machten, konnten viele Leute bestätigen. Vielleicht war dies auch ein Grund für seine
ruppige Art. Wegen erneuter, extremer Schmerzen suchte er schließlich das Krankenhaus der Elisa-
bethinen in Linz auf. Laut Romanas Erzählung konnte der Arzt bei der Operation der zerfranzten Niere
gar keine Steine mehr herauslösen, wie es geplant gewesen wäre, sie musste komplett entfernt werden.
Ich erinnere mich, dass das während meiner Schulzeit geschah, Herr Fachlehrer Ricek in unserem
Unterricht länger fehlte, außerdem war er unser Gesangslehrer, unsere Klasse waren seine Nachtigallen.
Jeder, der Herrn Ricek gekannt hat, weiß noch, wie zornig er werden konnte. Nach der Operation soll
Herr Ricek den Arzt angeschrien haben:
"Sie sind kein Primar, Sie sind ein Mörder! Wie gehen Sie mit
den Leuten um! Sie haben mir nicht gesagt, was Sie mit mir machen werden!"
Worauf der Arzt meinte,
er habe keine andere Möglichkeit gehabt, als so zu handeln. Was genau während der Operation passiert
ist, wird man nie mehr erfahren, keiner der Beteiligten ist noch am Leben, Es gab auch das Gerücht, man
habe Herrn Ricek in desem Spital den Nierenbereich endgültig verhunzt. Nach der Operation begann
Ricek großformatige Landschaftsbilder zu malen, um das Geld für die Operation aufzutreiben, die er
privat hat vornehmen lassen.
Erich W. Ricek, Bild Atterwiki
Näheres über sein Leben und Wirken ist unter anderem im Buch von Professor Pachler mit dem Titel
"Erich.W. Ricek, Ein Leben für die Wissenschaft" nachzulesen.
Romana heiratete und trug von da an den Namen Handlechner. Inzwischen war das ehemalige Aus-
zugshaus der Großpointners an der Ecke Römer- und Wildenhagerstraße abgerissen worden. In zehn
langen Jahren wurde es unter Baumeister Hans Lukas neu errichtet. Immer wenn genug Geld da war,
baute Romanas Familie ein Stück weiter. Manfred Schönleitner, der damalige Seniorchef der gleich-
namigen Baufirma in St.Georgen, arbeitete damals zu Beginn als junger Praktikant mit.
1949 war das Haus schließlich fertig und die Familie Handlechner konnte einziehen. In dieser Zeit
konnte man sich ein wenig Geld dazuverdienen, wenn man leer stehende Zimmer an Sommergäste
vermietete.
Als Romana Handlechners Nachbarin, die Wirtin Hintermann, bei ihr anfragte, sagte Romana zu.
Die Wirtin bot in ihrem Gasthof Übernachtungen an, hatte aber selbst nicht genug Räume zur Verfügung.
Romana lebte bis zu ihrem Ableben mit einem Teil ihrer Familie im damals gebauten, inzwischen neu
renoviertem Haus, das damalige Interview mit ihr war sehr vergnüglich!
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H E D I H U B E R
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Die immer als sehr sportliche, ehemalige Hauptschullehrerin Hedi Huber wusste viel über ihre Familie und
Begebenheiten des Marktes zu berichten. Sie verbrachte, wie Manfred Buchstätter und Romana
Handlechner, ihre Kindheit im oberen Markt.
Hedis Großvater mütterlicherseits, Herr Mayerhofer, wuchs gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder in
St. Wolfgang auf. Ihre Mutter war dort Pfarrersköchin.
Die zwei Buben wuchsen zu sehr feschen jungen Männern heran. Es war die Zeit der Sommerfrische, als
Kaiser Franz Josef 1. oftmals in Bad Ischl verweilte. Er unternehm bei seinen Aufenthalten stets Wander-
ungen in die Umgebung und in die Berge. Das machte natürlich auch die übrige höhere Gesellschaft nach.
Allerdings wurden die Damen der adeligen Herrschaften bei solchen Ausflügen für gewöhnlich in Sänften
durch das Gelände getragen, statt selber zu laufen. Dafür wählte man die bestaussehenden Burschen des
jeweiligen Ortes aus, wie die Brüder Mayerhofer in St. Wolfgang. Also trugen Hedis Großvater und Groß-
onkel die Damen in die Berge.
Die zweite Linie von Hedi Hubers Verwandschaft, die Desingers aus Gmunden, waren die Vorfahren ihrer
Großmutter mütterlicherseits.
Desinger-Haus, damals "Kirchenwirt", jetzt Apotheke
Die Desingers waren seit jeher Kürschnermeister gewesen und von Gmunden nach St.Georgen
gezogen. Urgroßvater Desinger heiratete insgesamt vier Mal und jede Frau brachte Besitz mit in
die Ehe. So kam schließlich einiges an Kapital zusammen.
Auf dem Foto unten sieht man die vierte Hochzeit, die gemeinsam mit der Hochzeit einer seiner Söhne
gefeiert wurde.
Nach einem Vermerk auf der Rückseite des Bildes ist darauf auch die Heimatdichterin Anna Vogl zu
sehen, als Zweite von links in der Zweiten Reihe, sie müsste zu dieser Zeit ungefähr 20 Jahre alt gewesen
sein (Dunkles Kleid, Blumen am Kleid und Kopf).
Vierte Hochzeit von Vater Desinger und erste von seinem Sohn.
Anna Vogl schriftlich erwähnt
Im Besitz der Familie Desinger befand sich unter anderem das heutige Farben-Rottner-Haus, Ecke Römer-,
Greilstraße, das der Großmutter Hedis, Klementine Anna, von ihrem Ehemann geschenkt wurde.
Alle Bilder, Mayerhofer-, bzw. Rottner-Haus.
Klementine war mit einem der Mayerhofer-Zwillinge (Franz) aus St.Wolfgang verheiratet, so kam es
zum Namen Mayerhofer-Haus. Für eine Zeit lang war dem Haus eine Gärtnerei angeschlossen.
Klementine Anna und Franz Mayerhofer hatten sechs Kinder. Eine der Töchter, Maria Mayerhofer,
Hedis Mutter, spielte auch in der Theatergruppe Gmoa Rumpelhausen mit, sie war eine sehr attraktive
Frau.
Maria heiratete Karl Huber, der im damals so genannten Pichler-Haus, in der heutigen Römerstraße,
als Werksführer arbeitete. Zu dieser Zeit war oben im Haus noch ein Magazin eingerichtet, zu dem ein
hölzener Treppenaufgang führte, der außen an der Wildenhager-Seite angebracht war.
Auch gab es damals eine Küche, in der für die Burschen, die dort arbeiteten und lebten, gekocht wurde.
Quartier fanden die Arbeiter in den Burschenzimmern, die im oberen Stockwerk lagen. Im unteren
Bereich war der Maschinenraum. An den vielen Werkbänken standen und arbeiteten die Handwerker.
Im Lauf der Zeit wurde der Betrieb unter dem ursprünglichen Besitzer, Herrn Pichler, wohl wegen
finanzieller Probleme immer mehr verkleinert, bis er schließlich Bankrott machte und das Gebäude von
der Raiffeisenkassa zum Verkauf angeboten wurde.
Karl Huber wurde der nächste Besitzer, mit dem benötigten Geld half eine Tante aus Schärding aus.
Das Ehepaar Huber bekam drei Töchter, eine hieß später Frau Albeck, eine Josefine Schneeweiß
(Papierhandlung) und die dritte war Hedi.
Das Haus wurde nach und nach zu einer Wohnung umgebaut und bot der Familie Huber Unterkunft.
Hedi wohnte bis zuletzt dort, sie erreichte ein stolzes Alter.
Karl Huber setzte Dreschmaschinen und andere landwirtschaftliche Maschinen wieder in Gang, die
funktionsuntüchtig zu ihm gebracht wurden. Wenn nachts oder bei Regen repariert werden musste,
erledigte er seine Arbeit in einem Unterstand im Hof. Die alte Werkstatt von Hedis Vater und auch
der Unterstand im Hof existieren noch heute. Das Haus liegt unten an der Wildenhager Straße und
oben an der Römerstraße, wie das schon erwähnte Müllner/Buchstätter-Haus.
Familie Huber auf der Holztreppe in die Wohnung
Das Mayerhofer-Haus ging an einen Bruder von Hedis Mutter, namens Ferdl. Er war für kurze Zeit auch
Bürgermeister von St.Georgen. Da er aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr heimkehrte, wurde er als
vermisst erklärt. Das Haus hatte danach noch einige Mieter und wurde dann vom ehemaligen Bürger-
meister Rottner gekauft. Dieser ließ es abreissen und erbaute stattdessen ein neues Haus mit Geschäft
und Werkstatt.
In Hedi Hubers Jugend konnten die Kinder noch unbeschwert im oberen Ortsteil spielen ohne auf den
Verkehr achten zu müssen.
spielende Kinder auf der Straße, oberer Markt
rechts Gasthaus Staufer, hinten Bäckerei Fischer, links Hitzl, Wildenhager-, Römerstraße
Im Winter bot sich der hintere Kirchenhügel - heute Dr. Greilstraße - zum Schlittenfahren an, während am
Kalvarienberg Schi gelaufen wurde, weil dort die Strecken viel länger waren.
Im Bild: vorne Romana Handlechner, 4. Hedi Huber
Durch den damals allgemein kaum vorhandenen Verkehr machte es auch wesentlich mehr Spaß, Ausflüge
mit dem Roller oder dem Fahrrad zu unternehmen. Nicht selten traf man junge Leute auf ausgedehnten
Touren mit dem Rad durch das Salzkammergut an.
Hedi mit Freundin auf Radltour
Hedi mit Freundin Grete Buchstätter auf Roller, man sieht hinten am Eck ein Stück des
Gebäudes (ehem. Parfümerie) bei der Apotheke
Gerne unternahm man damals Ausflüge in die Natur, die häufig auch stolz fotografisch festgehalten
wurden. So blieb ein Bild erhalten, dass einen Ausflug mit dem Dampfer über den Attersee nach
Weyregg zeigt, den die Liedertafel St. Georgen unternahm.
Liedertafel St.Georgen, Dampfer - Ausflug nach Weyregg
Neben den St.Georgnern waren bei der Dampferfahrt Hedis Eltern, Pfarrer Blasl, Herr Haslinger
(Schneider) und Frau Putzhammer mit von der Partie
Goldene Hochzeit der Großeltern von Hedi, vor dem Lebzelter-Haus, ehemaliger Postplatz St.Georgen
Eröffnung des Hochleckenhauses, die meisten Menschen sind aus St.Georgen und Attersee, dabei rechts
im Bild Frau Voglmayr, ihr Mann machte damals die meisten Fotografien in der Gegend.
Eine ebenfalls die Freizeit betreffende, besonders amüsante Geschichte konnte Hedi über ihren Großvater
erzählen.
Wie viele andere St.Georgener Bürger machte auch Franz Mayrhofer jedes Jahr bei der Wallfahrt nach
St. Wolfgang mit.
Die erste Zeit starteten sie direkt von St.Georgen, aber im Laufe der Jahre wurde die Distanz immer kürzer.
Später gingen sie erst von Oberwang los, danach von Mondsee und schließlich nur mehr von Fürberg, also
schon nahe dem Wolfgangsee.
Der Zwillingsbruder von Hedis Großvater, der in St. Wolfgang geblieben war und am Falkenstein wohnte,
hatte anlässlich der Wallfahrt eine gute Idee.
Wenn sich die Wanderer Falkenstein näherten, waren sie meist müde und hatten bereits großen Durst. Also
eröffnete er dort kurzerhand eine Flaschenbierhandlung. Die St.Georgener, und vor allem Hedis Großvater,
wurden jedes Mal mit großem Hallo begrüßt, man trank und sang, und trank und sang, und trank.
Danach gingen die "Büßer" dementsprechend präpariert, singend weiter bis zur Kirche. Zufällig erzählte
Pfarrer Baumgartner etliche Zeit später in einem Gespräch mit Hedi, dass er einen Brief vom Wolfganger
Pfarrer bekommen habe, in dem dieser verkündete, angesichts der alkoholbedingten Auswirkungen auf
"solche Wallfahrer" verzichten zu können. Pfarrer Baumgartner hatte in diesem Moment keine Ahnung, dass
Hedis direkte Vorfahren sowohl unter den Wallfahrern, als auch am Ausschank des Bieres beteiligt waren.
Eine andere nette Anekdote berichtete Hedi von einer Tante von ihr.
Diese stand mit Gräfin Kottulinsky von
der Herrschaft auf Schloss Kogl, wegen dem im Attergau tätigen Künstler Richard Jakitsch in Briefverkehr.
Jakitsch-Häusl, hinter dem Friedhof
Jakitsch konnte nämlich zwar wunderbare Skulpturen, Bilder und Denkmäler schaffen, aber nicht mit Geld
umgehen. Deshalb erhielt Hedis Tante von Gräfin Kottulinsky die Anordnung, ihm sein Geld immer nur in
5- Schilling-weise zu geben, weil er sonst alles auf einmal verbraucht hätte.
Gerne lud er immer alle Freunde ins Wirthaus ein, er war bekannt für seine Trinkfreudigkeit, die er mit
Vorliebe beim Löckher auslebte und dabei sein ganzes Geld verjubelte. Durch die Abmachung wurde das
halbwegs unterbunden. Wie mir Michael Grabner (Gerber) erzählte, brachte es Jakitsch mit Leichtigkeit
fertig, in kurzer Zeit Seiterln in zweistelliger Zahl hinunterzuspülen.
Gewohnt hat er im Jakitsch-Haus, welches neben dem Friedhof stand.
Einige seiner wunderschönen Werke findet man im Schloss Kogl, auf der Kogler Hoad und am Friedhof.
Marterl in der Kogler Hoad
Hedi Huber, die Sportlehrerin wurde, begleitete der Sport ihr ganzes Leben lang. Sie war immer aktiv und
geistig frisch, wie man sich das für sich selbst wünschen würde.
Im Moorbad Wildenhag fand die Familie Huber sehr oft Erfrischung und Erholung .
Moorbad einst, Hedi vierte von links, mit Zopf und Schuhen
.
und Moorbad 2010
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M I C H A E L G R A B N E R
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Gerberei und Friseur Huber
Eines der Häuser, die schon lange im Markt bestehen, ist jenes von Michael Grabner. Es befindet sich
neben der Eisenhandlung Wachter. Die Geschichte erzählte der Sohn von jenem Michael Grabner, der ab
1900 das Haus besaß.
Man weiß, dass es um 1750 einen Riemer (hat Lederwaren wie Gürtel gefertigt, auch Pferdegeschirr)
gehörte, die nachfolgenden Bewohner waren ebenfalls in diesem Gewerbe tätig, bis Familie Grabner
das Haus erwarb.
Rechts im Bild Manufaktur Grabner, daneben das Seilerhaus - links die Schmiede Hana, heute Friseur
Michael Grabner war von Beruf Gerber, seine Frau führte ein Manufakturgeschäft im selben Haus. Zu dieser
Zeit gab es viel Arbeit, dass der Vater die Mutter im Ledergeschäft gebraucht hätte, und die Mutter wiederum
den Vater in ihrem Laden. Die Familie arbeitete einige Jahre in allen zwei Betrieben weiter. Als jedoch Frau
Grabner 1923 starb, gab die Familie das Manufakturgeschäft auf.
Inzwischen hatte der Sohn, ebenfalls namens Michael, den Beruf des Gerbers erlernt. Er übernahm später
den bestehenden Betrieb vom Vater und führte die Firma bis 1964 weiter. Allerdings befand sich die Gerberei
dann nicht im Wohnhaus.
Die rohen, zu gerbenden Häute bezog Michael entweder von Bauern oder Metzgern,
bearbeitete sie und verkaufte sie hinterher an Händler weiter.
Die Fässer mit den Häuten standen in einem länglichen offenen Gebäude hinter dem Gasthof Seiringer. Ging man
durch die Gerberei durch, was möglich war, kam man an der Dr. Greil Straße heraus - zumindest die Kinder des
Ortes, mich mit eingeschlossen, nahmen oft diesen Weg.
Manchmal gab es Beschwerden weil ein Rinnsal mit stinkender Gerbflüssigkeit neben dem Weg hinunterrann.
Abflusskanäle wie heute gab es noch nicht.
Michael heiratete, nachdem der Krieg zu Ende und er aus französischer Gefangenschaft zurückgekehrt war, seine
Elisabeth. Die junge Frau stammte aus Halt in der Gemeinde Strass im Attergau.
Sie bekamen vier Kinder.
es heisst wirklich Halt
Ende der 1950er Jahre zog Friseur Huber aus Thalham in einen Teil des unteren Hauses ein. Gemeinsam mit
seiner Frau und Tochter Hermine führte er über viele Jahre das Geschäft im Grabner-Haus.
Ich erinnere mich noch an die Ständer mit Handtüchern im Vorhaus zum Trocknen stehen, an den strengen
Geruch von Dauerwellenlösung und den verfärbten Fingern des Friseurs. Eine der Töchter von Michael ging in
die gleiche Klasse wie ich, so hielt ich mich viel in diesem Haus und Garten auf.
St.Georgen in den 60er Jahren, das hellblaue Haus ist Grabner-Haus
Haus Grabner, nun das Rosafarbene
Sie bekamen vier Kinder, einer von denen bewohnt auch nach dem Ableben der Eltern weiter das Haus.
Michael Grabner war bekannt für seine Rüstigkeit, für seine flotten Spaziergänge und Wanderungen. Doch
in seinen letzten Jahren machten seine Augen nicht mehr so richtig mit, so konnte er seine Vorliebe nur
mehr gemäßigt ausüben.
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